Trauer um Prof. Petra Jürgens

08. Juli. 2025 / Campusleben / Wissenschaft & Forschung

Viel zu früh müssen wir Abschied nehmen von unserer geschätzten Kollegin Petra Jürgens. Noch in der letzten Ausgabe von „Unser Friedensau“, die im April 2025 erschien, veröffentlichten wir einen musikwissenschaftlichen Text von ihr über das „Hören“. Nun erlag sie am 18. Mai 2025 ihrem Krebsleiden. Mehr als 27 Jahre wirkte sie an der Theologischen Hochschule Friedensau. Zunächst gestaltete sie den Schwerpunkt Musiktherapie als Magisterfach am Institut für Kirchenmusik. Bald darauf folgte die Gründung des Instituts für Musiktherapie der Theologischen Hochschule Friedensau. 2010 entstand der Masterstudiengang Musiktherapie, dessen Leiterin sie von Beginn an bis März 2025 war. Parallel dazu führte sie über viele Jahre das von ihr übernommene „Institut für Musiktherapie Berlin“, das bereits 1962 in Berlin-Zehlendorf als erste musiktherapeutische Ausbildungsstätte entstanden war. Sie war die einzige Person, die gleichzeitig eine private musiktherapeutische Ausbildungsstätte und einen staatlich anerkannten Studiengang in „West“ und „Ost“ leitete und beide Einrichtungen inhaltlich und als Person verband. Ihr Name ist wie kein anderer auch verbunden mit der Geschichte der ostdeutschen Musiktherapie. Sie hatte in Hamburg zu diesem Thema promoviert und war selbst eine Vertreterin und zugleich kritische Beobachterin derselben.

Sie war Musikerin wie auch Musiktherapeutin mit Leidenschaft

Die letzten vier Jahre konzentrierte Petra Jürgens ihre Aktivitäten als Lehrende ganz auf Friedensau. Der Ort wurde ihr noch mehr zur professionellen Heimat. Ihre Leidenschaft, ihre Kraft und ihren Lebensmut schöpfte sie in den Hochs und Tiefs ihrer Krankheit immer wieder aus der Arbeit mit Studierenden und der Musik. Sie verkörperte für andere dadurch eine tiefe Zuversicht und Lust auf das Leben. Mit ihrer einzigartigen Ausstrahlung war Petra eine Inspirationsquelle über den Kreis der Studierenden hinaus. In guter Erinnerung bleibt ihre Art, Situationen mit wortspielerischen und phänomenologischen Beschreibungen auf den Punkt zu bringen und zugleich in der Schwebe zu halten. Sie verfügte über die Fähigkeit, Themen leise und doch mit beharrlicher Energie zu verfolgen und in der

Lehre methodisch-kreativ improvisatorische Elemente zu integrieren. Wir werden Petra dankbar erinnern und ihre Klangfarbe vermissen. Am 24. Juni fand eine Andacht im Gedenken an Petra Jürgens in der Friedensauer Kapelle statt.

Prof. Andreas Bochmann, Studiengangsleiter M.A. Counseling:

Als der Kirchenmusiker Wolfgang Kabus in den 1990er Jahren Petra Jürgens nach Friedensau holte, war dies ein Wagnis. Würde sich das Orchideenfach Musiktherapie an einer so kleinen Hochschule etablieren können? Würde es sich einfügen in einen Ort, der seit über 100 Jahren eher von Kirchenmusik und vor allem Theologie geprägt war? Die Antwort lautet dank Petra Jürgens ganz klar „ja“.

Mit viel Elan und mit ihrem ganz eigenen Profil baute sie in mehr als 25 Jahren ihr Fach erfolgreich auf. Dabei konnte sie sich auf langjährige Ausbildungserfahrung an ihrem renommierten Institut für Musiktherapie in Berlin stützen. Die Verbindungen zur Theologie wurden deutlich, unter anderem in der 2020 von ihr organisierten Fachtagung »Das Timbre von Charisma und Spiritualität in der Musiktherapie«. Und ihr Mut zur Musiktherapie fand guten Boden: die Studierendenzahlen gaben ihr Recht.

Dass sie am nachösterlichen Sonntag Kantate verstarb, hat wohl Symbolkraft für alle, die Petra Jürgens kannten. Ein Leben für die Musik mit ihrer heilenden Kraft wurde vollendet mit Musik aus dem Berliner Dom. Es waren die letzten Klänge, die Petra begleiteten, als sie nach langer, schwerer Krankheit ihren letzten Atemzug tat. Friedensau trauert.

Dr. Regina Lorek, engste Mitarbeiterin, die den Studiengang Musiktherapie übernahm:

Petra Jürgens lernte ich 2012 kennen, als ich mit dem Masterstudium in Friedensau startete. Zu dem Zeitpunkt hatte sie ihre erste Krebserkrankung gerade überwunden und führte mit Energie, Redegewandtheit und großer gedanklicher Wendigkeit die Studierenden.

Als Petra 2021/22 den Standort ihres Institutes in Berlin auflöste, war es ihr wichtig, dass dessen 60-jährige Geschichte fortan am Institut für Musiktherapie der Theologischen Hochschule Friedensau beheimatet sein sollte. So fand unter anderem ihre Instrumentensammlung Eingang in das Musikkabinett der Theologischen Hochschule. Diese wird nun mit ihrem Tod noch einmal um ihre privaten Instrumente erweitert. Petra Jürgens holte mich 2021 wieder an die Hochschule, auch für den dann leider immer öfter eintretenden Vertretungsfall. Sie schöpfte ihre Lebensenergie durch die vielen Schübe ihrer Krankheit hindurch immer wieder aus der Arbeit in Friedensau. Petra blieb bis zuletzt präsent (auch wenn sie einmal nicht vor Ort sein konnte) und voller Ideen für künftige Projekte. Der Hoffnung auf Wunder hielt sie immer eine Tür offen ...

Absolventen und Studierende des Master-Studiengangs Musiktherapie:

„Ich bin sehr dankbar, dass ich Petra drei Jahre lang als Student in Friedensau erleben durfte. Sie hat die ersten Schritte auf dem Weg meines musiktherapeutischen „Selbst-Bewusstseins“ entscheidend geprägt. Mit ihrer einzigartigen, feinsinnigen, humorvollen, manchmal konfrontativen, aber immer unterstützenden Art half sie, meinen ‚inneren Spiegel zu putzen‘ ... Fragen zu stellen anstatt Antworten zu haben, das war eine ihrer besonderen Stärken. Nach dem Motto ‚Was ich zwingen will, das zwingt mich‘ lebte sie besonders in der letzten Zeit beeindruckend: sich in Unsicherheiten, Herausforderungen und schwierigen Zeiten ‚aufzuhalten‘ anstatt sie auszuhalten.“  Benjamin Beckmann; Absolvent des Masterstudienganges

„Was mich ... begleitet ist der Spruch ‚Wenn du eine Herde Schafe halten möchtest, halte die Weide groß.‘ Dadurch habe ich gelernt, dass sich neue Gedanken und Perspektiven nur ausbreiten können, wenn ich ihnen auch den passenden Raum gebe. Das hilft mir in Interaktionen sehr viel weiter und vor allem jetzt auch in meinem aktuellen Forschungskontext.“ Rabea Beier, Absolventin des Masterstudienganges

„Ich bin tief berührt. Petra wird tief verankert in meiner Erinnerung und in meinem Leben bleiben.“ Cecile L’Épée; Absolventin des Masterstudienganges

„Petra inspirierte mich immer wieder aufs Neue mit ihrer hellen Neugierde für die Tiefen unserer eigenen Blickwinkel. Sie half dabei, uns selbst auf die Schliche zu kommen. Ihre Begeisterung für unsere kreativen Einfälle werde ich nicht vergessen und auch nicht den lustigen Spruch, mit dem sie bei unserem ersten Seminar den Philosophen in mir erfreute: ‚Dem Philosoph ist nichts zu doof.‘" Erik Neumann, Studierender im Masterstudiengang Musiktherapie

Bild der THH Friedensau
Trauer um Prof. Dr. Petra Jürgens
Bildrechte: ThHF | Andrea Cramer
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