Wie mit Trauer umgehen?
14. Nov.. 2025 / Campusleben / Wissenschaft & Forschung
Das Telefon klingelt. Am Ende des Telefonats kommt die Frage, „ach übrigens, hast du schon gehört, dass XY gestorben ist?“ Nein, hatte ich nicht. Es trifft mich wie ein Hammer. Völlig überraschend, ohne jede Vorwarnung und viel zu früh ist ein Glaubensbruder aus meiner früheren Heimatgemeinde gestorben. Erinnerungen werden in mir wach. Der Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen kann jederzeit wieder hochkommen. Das weiß ich nur zu gut …
Im Ernstfall – was hilft?
Wie mit Trauer umgehen? Ach, wenn es doch dafür ein Patentrezept gäbe! Gibt es nicht. Jeder Mensch trauert anders, jeder muss einen eigenen Weg finden. Es scheint unangemessen, eine Liste zu erstellen, was alles helfen könnte. Und doch hat mir damals, vor nunmehr neun Jahren, das Wissen über den Umgang mit Trauer – aus Literatur und der Seelsorgeerfahrung – sehr geholfen, als meine erste Frau Carol mit 55 Jahren ganz plötzlich verstarb.
Zunächst einmal ist Trauer nichts, was unangemessen wäre, wofür wir uns schämen müssten. Trauer ist eine ganz normale, gesunde Reaktion auf Verlust, selbst wenn sie Formen und Ausdruck findet, die so gar nicht „typisch“ für uns sind und vielleicht schräg oder verrückt scheinen. Ungesund ist es vielmehr, Trauer zu unterdrücken.
Gib der Trauer Raum.
Klage laut oder leise – wie du es brauchst (bei mir war dieser Raum die Dusche). Gestalte Rituale – die Lieblingsblumen auf dem Sarg, der Ehrenplatz für das Foto, die Geburtstagsfeier, auch wenn der Mensch nicht mehr da ist, was auch immer. Kultiviere Dankbarkeit für alles Gute, das war. Und teile deinen Schmerz mit Menschen, denen du vertraust und die ihn mit dir aushalten.
Erinnerungskultur pflegen
Schade nur, wenn unsere Gemeinden kaum eine Erinnerungskultur pflegen – sich zum Beispiel einmal im Jahr aller Menschen erinnern, die in dem Jahr losgelassen werden mussten. Sind wir da überängstlich, in einen Totenkult zu verfallen? Das muss aber gar nicht sein. Vielmehr dürfen wir unsere eigene Sterblichkeit bedenken – auf dass wir klug werden (Psalm 90,12) und uns immer wieder neu die Hoffnung vor Augen führen, die uns eben doch anders trauern lässt.
Prof. Andreas Bochmann, Ph.D., ist Berater und Supervisor (DGSv); war Krankenhausseelsorger, Gemeindepastor, Beratungsstellenleiter; jetzt Professor für Beratung und Seelsorge an der ThHF, hat den Master-Studiengang Counseling aufgebaut und bis zum Sommer 2025 geleitet.
