»Das Runde muss ins Eckige«

14. Jul. 2024 / Campusleben / Events

Während noch die Spiele der Europameisterschaft in uns nachklingen, kehren auch Erinnerungen an vergangene Zeiten zurück. So schaut der FC Magdeburg dieses Jahr auf ein Jubiläum besonderer Art: Am 8. Mai 1974 konnte das Team von AC Mailand in Rotterdam mit 2:0 besiegt werden! Der FC Magdeburg war der einzige DDR-Club, der jemals den Europapokal gewann. Aber auch in Friedensau hat sich die Fußballbegeisterung gezeigt. In den 1970er Jahren wurden Treffen in Friedensau organisiert, um Fußball-, Volleyball- und Tischtennisspiele auszutragen.

Das erste Pokalspiel scheint am 7. Oktober 1969 über die Bühne gegangen zu sein, das Friedensau für sich entscheiden konnte. Ausgestellte Urkunden, Spielberichte, Aufstellungen und Fotos lassen uns heute noch einen Teil der Begeisterung der damaligen Spiele nachempfinden. Als Schiedsrichter tritt über die Jahre hinweg Joachim Grellmann (Lehrer in Friedensau und Pastor, später in Magdeburg) auf und für die Berliner Auswahl sind sogar teilweise (hier für 1972) Kapitän (Horst Kaulfuß aus Finsterwalde), Trainer (Peter Jandriasevič), Masseur (Guntfried Reinhold, der auch als Linienrichter fungiert) und Betreuer (Gotthard Reinhold) angeführt.

Das Spiel am 1. Mai 1972 kann die Auswahl der Berlin-Märkischen Vereinigung mit 3:2 für sich entscheiden. Friedensau geht durch Helmut Krause in Führung, Horst Kaulfuß kann aber mit einem Freistoßtor umgehend ausgleichen, sodass es unentschieden in die Kabinen geht. Lars Rose umspielt zwei Spieler und kann nach Wiederanpfiff für die Berliner Führung sorgen. Den Ausgleich für Friedensau besorgt „Mixer“ Matthias Kutzschbach, der den Ball in einem Tohuwabohu im Berliner Strafraum aus kurzer Distanz in der linken unteren Torecke unterbringt. Das Siegtor für die Berliner Auswahl erzielt Wolfgang Fröh ca. 3 Minuten vor Abpfiff mit einem sehr scharfen Volleyschuss mit Effet in die obere linke Torseite. Trotz einer Parade kann Torwart Gerald Hummel diesen Ball nicht mehr entschärfen, und Berlin geht als Sieger aus diesem Treffen hervor. Die zehn dokumentierten Spiele lassen einen leichten Vorteil auf Friedensauer Seite erkennen: Sie können sechs Partien für sich entscheiden, dabei sind 29:25 Tore für Friedensau dokumentiert.

Diese Spiele waren ein sportliches, aber auch soziales Ereignis. Erinnerungen sind geprägt worden, auf die gerne zurückgeblickt wird. Wer seine Erinnerungen und Bilder teilen möchte, schreibe bitte an: "> – wir freuen uns über jede Zuschrift!

Bernd Müller, Leiter des Historischen Archivs der Freikirche der STA in Europa

Bild der THH Friedensau
Fußball hat in Friedensau eine lange Tradition.
Bildrechte: Theologische Hochschule Friedensau | Archiv AAE

Fußballspielen an der Ihle

 Eckehard Tulaszewski (Bürgermeister i.R. aus Bad Düben), ein Teilnehmer von damals, erinnert sich:

Die Berliner Mannschaft traf sich am Vorabend zum 7.Oktober traditionsgemäß auf der Wachtelburg, bevor es mit dem Bus mit wehenden Fahnen nach Friedensau ging. Im Speisesaal stellten sich beide Mannschaften einem ebenso erwartungsvollen wie begeisterungsfähigen Publikum vor und danach bat Bruder Joachim Grellmann (Lehrer in Friedensau) beide Mannschaften zu einer kurzen Andacht zu sich. Er war ein fachkundiger und entscheidungsfreudiger Schiedsrichter.

Dem Spiel wohnte auch die gesamte prominente Lehrerschaft bei. Eckehard Tulaszewski, der später die Nachfolge von Bruder Grellmann als Schiedsrichter übernahm, spielte in einer aufopferungsvoll kämpfenden Berliner Mannschaft als Verteidiger, die den knappen Sieg gegen eine starke Friedensauer Mannschaft bis zur letzten Minute erfolgreich verteidigte.

Gerald Hummel (einst Student, später Dozent und Pastor in Friedensau, jetzt in Dresden) berichtet:

Bis Friedensau die Hochschulwürde erhielt, waren im Stundenplan zwei Sporteinheiten ausgewiesen, immer die letzte Stunde vor dem Mittagessen. Es gab verschiedene Sportlehrer; viele Jahre war er in der Person von Wolfgang Hartlapp gegeben, bis ihn dann im Jahr 1985 Gerald Hummel ablöste. Die Sportangebote Faustball, Volleyball und vor allem Fußball wurden vorwiegend von männlichen Studenten genutzt.

Außerschulisch wurde noch am Freitagnachmittag gekickt. Man spürte, dass es ein starkes Bedürfnis nach sportlicher Betätigung gab als Ausgleich für allen gesammelten Frust und zur Lösung der Anspannung, die der gut gefüllte Wochenplan und Studienalltag verursachte.

Lothar Scheel (einst Student, später Pastor sowie Vorstand STA und AWW, Dresden) fügt hinzu:

Fußball war auch in Friedensau eine wichtige Nebensache. Sport war Pflichtfach und Fußball der Sport der Jungs, während andere eher Volleyball oder Faustball bevorzugten. Es verging auch kaum ein Freitagnachmittag, an dem nicht gebolzt wurde, und zwar bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit. Den Sabbatanfang hatte man sich dann redlich verdient und konnte sogar noch warm duschen, sofern die Damen auf dem „Schwesternflügel“ nicht schon alles warme Wasser verbraucht hatten ...

Einmal im Jahr gab‘s die Friedensauer Champions League, wenn am 1. Mai adventistische Fußballmannschaften nach Friedensau kamen, um sich mit uns zu messen. Die Mädels aus den Jugendgruppen waren die Hooligans, die ihre Mannschaften anfeuerten. Das ging mal so und auch mal so aus. Es gab auch mal die eine und andere Verletzung. Aber immer war es eine willkommene Abwechslung im Friedensauer Alltag ...

Derzeit finden Fußballspiele vorrangig zum Auftakt der Woche der Kulturen im Mai eines jeden Jahres statt. Die großen Fußballturniere der 70er Jahre vom 1. Mai oder 7. Oktober, die ich noch aus eigener Anschauung und der Fan-Meile kenne, sind nicht erhalten geblieben; sie wurden durch neue Spielgelegenheiten ersetzt. Der Fußballplatz liegt aber immer noch an der Ihle ...

Text: Andrea Cramer | Bildrechte aller Bilder: Theologische Hochschule Friedensau | Archiv AAE