Ein Blick in unscheinbare Kisten

03. Apr. 2024 / Wissenschaft & Forschung

Unscheinbare Kisten. Wie Nachlässe im Historischen Archiv der STA in Friedensau bewahrt werden

Schätze in unscheinbaren Kisten – so kann man die Aufbewahrung von Archivgut in einem Archiv treffend beschreiben. Zumeist ist es eine große Sammlung davon. Aber in diesen Kisten und Schachteln kann sich mitunter Wertvolles verbergen. Eine dieser unscheinbaren Kisten steht vor mir. Mit einer Begleitkarte und knappem Text: „Tabea E. Matter und Alfred Matter (Bruder) arbeiteten im Kongo.“ In der Kiste finde ich einen Lendenschurz der Massai aus gegerbter Rinde. Dazu viele Fotos, manchmal mit Notizen auf der Rückseite, ein Poesiealbum mit Einträgen aus Darmstadt und Neandertal, noch mehr Fotos, Ausweise, Zeugnisse und Fotos. Es sind die gesammelten Stücke, die das Leben von Tabea Matter in Bildern zusammenfassen; ein Leben, das unzweifelhaft von Afrika geprägt war.

Die Eltern begannen 1914 Missionsarbeit in Kenia

Tabea Matter wird am 16. Januar 1919 in Kanyadoto (Kenia) geboren. Ihre Eltern, Alfred und Elizabeth Matter (geb. Nawrotzky), waren maßgeblich am Aufbau der Adventgemeinde in Ost-Afrika beteiligt. Die Eltern lernten sich, wie könnte es auch anders sein, auf einer adventistischen Schule kennen – und zwar in Friedensau! Sie heirateten 1914 und konnten noch vor Ausbruch des Weltkrieges die Missionsarbeit in Kenia beginnen. 1921 wechselten sie nach Ruanda und gründeten dort die Missionsstation Rwankeri in Ruhengeri. Sie arbeiteten weiter in Gitwe und Ngoma – alle Orte werden später zu Zentren adventistischer Arbeit und zu Stationen im Leben von Tabea. So ist auch deren Lebensweg gewissermaßen vorgezeichnet. Ihr Bruder Alfred wählt ebenso den Weg des Missionars und beginnt sein Wirken im Herzen Afrikas, damals Belgisch-Kongo.

Eine ihrer Arbeits-Stationen: das Heri-Hospital Kigoma

Tabea zeigt in der Schule großen Einsatz und Fleiß, was in ihren Zeugnissen vermerkt wird. Sie schließt am 8. Juni 1937 den hauswirtschaftlichen Kurs ab und wird bereits 1941 als Missionarin an der Gitwe-Missionsstation eingesetzt. Ihr Leben widmet sie fortan der Mission. Sie arbeitet in Ngoma, dann in Ruhengeri (bis 1966). Schließlich arbeitet sie die Jahre von 1968 bis 1976 im Heri-Hospital Kigoma in Tansania.

Ihr Leben zeugt vom Bemühen, das Evangelium in die entlegensten Winkel dieser Erde zu tragen. „Gehet hin in alle Welt!“, so steht es auf der Friedensauer Neuen Schule geschrieben. Familie Matter hat diesen Auftrag in ihrem Leben buchstäblich umgesetzt.

Sequenzen ihrer Erlebnisse sind veröffentlicht worden

Von ihren Erlebnissen berichtet Talitha Metschan (Pseudonym für Ruth Matter, Tabeas Schwägerin) in dem Buch „Licht und Schatten unter der Tropensonne“ 1976, in dem „Tante Tabea“ immer wieder vorkommt. 2006 schließlich verstirbt Tabea Matter in Oertlimatt. Sie wurde von Herzen geliebt und ihr Einsatz für andere Menschen sehr geschätzt. Auch ihr Poesiealbum, das überliefert ist, gibt Zeugnis davon. Enthalten ist außerdem eine detaillierte Zeichnung der Marienhöhe aus dem Jahr 1936 von (einem Mitschüler?) Dornbach. Solche Schätze zu heben ist eine schöne Aufgabe. Möge die Zukunft uns viele solche Schätze zutragen und dem Archiv in Form von Schenkungen zuführen. Darüber sind wir auf jeden Fall sehr dankbar.

Bernd Müller, Ph.D., Leiter des Historischen Archivs der STA in Europa, mit Sitz in Friedensau | Bildrechte: Archiv der STA