Praktikum händeringend gesucht

15. Apr. 2021 / Lernen & Studieren

Pflichtpraktika stellen die Studierenden vor Herausforderungen. Melissa Dost berichtet, welche Hürden ihr und ihren Kommilitonen begegnen.

Von Nicole Grandt ›

Friedensau l Melissa Dost studiert soziale Arbeit an der Theologischen Hochschule Friedensau. Aus diesem Ort stammt sie auch, in Burg ist sie zur Schule gegangen. Die 22-Jährige steht kurz vor ihrer Bachelor-Arbeit. Bevor sie diese in Angriff nehmen kann, muss sie allerdings noch das zweite Pflichtpraktikum für ihren Studiengang absolviert haben. „Für den Studiengang müssen wir zwei vierwöchige Praktika machen, beziehungsweise ein Praktikum muss 160 Arbeitsstunden umfassen“, erklärt sie. „Nun war ich mir aber unsicher wegen der Pandemie, wie ich das umsetzen kann. Deswegen habe ich mit dem zweiten Praktikum zunächst abgewartet, aber jetzt drängte die Zeit, da ich sonst nicht für meine Bachelor-Arbeit zugelassen werden kann.“

Deutlich weniger Praktikumsangebote

Melissa Dost ist in ihrem Studiengang nicht die einzige, die ein Praktikum braucht. „Ich habe viele Kommilitonen, die vor diesem Problem standen, dass sie ein Praktikum machen müssen, aber die Suche sich schwierig gestaltete. Einige haben es geschafft, dass sie im Sommer trotz der Pandemie einen Platz finden konnten. Von denen, die aus meinem Studiengang jetzt zwingend ein Praktikum gebraucht hätten, hat eine keines bekommen.“ Damit stehen die Studierenden aus Friedensau nicht allein. Das Online-Stellenportal Indeed wertete die Angebote für Praktika für Studierende im Jahr 2020 aus. Deutschlandweit gab es mehr als 30 Prozent weniger Angebote, in einigen Städten wie Dortmund sogar 57 Prozent weniger. Noch schlechter sieht es im Bereich der Nebenjobs für Studierende aus. Deutschlandweit ging das Angebot um mehr als 50 Prozent zurück.

Viel Zeit im Homeoffice statt vor Ort

Melissa Dosts Bemühungen, einen Praktikumsplatz zu finden, zahlten sich schließlich aus: Sie bekam einen Platz im Bereich der Jungenarbeit beim Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe, das im Jerichower Land unter anderem für die Medienkoffer für Schulen und Kitas bekannt ist. Auf das Kompetenzzentrum wurde sie durch den Kurs mit dem Titel „Gender in der sozialen Arbeit“ aufmerksam, bei dem der Verein vorgestellt wurde. „Ich fand das sehr spannend und bei der Vorstellung wurde auch gesagt, dass sie Praktikanten aufnehmen, und dann habe ich es dort versucht. Allerdings mussten wir dann erstmal abwarten wegen der Pandemie und haben mein Praktikum etwas später angesetzt.“ Ihr Praktikum dauert noch bis Mitte April. Melissa Dost hat das Glück, einen Anbieter gefunden zu haben, der flexibel auf die pandemiebedingten Einschränkungen reagiert. Eigentlich hätte sie vier Wochen in Vollzeit gearbeitet, nun kann sie aber mit weniger Stunden am Tag das Praktikum in sieben Wochen absolvieren und zusätzlich die Veranstaltungen der Hochschule wahrnehmen. Das Praktikum findet aber überwiegend im Homeoffice statt. „Ich war ein paar Mal vor Ort im Büro, wo wir die Arbeitsabläufe mit Abstand und Maske regeln konnten. Die restliche Zeit haben wir uns dann online besprochen. Ich habe bisher viel Recherchearbeit gemacht, sodass ich dies auch gut von zuhause aus erledigen konnte. So hat das bisher sehr gut funktioniert“, berichtet sie. „Hätte ich ein Praktikum im Bereich Betreuung machen wollen, wäre das wahrscheinlich deutlich schwieriger umsetzbar gewesen.“

Auch in der Hochschule läuft alles online ab

Obwohl sie weniger im Praktikumsbetrieb ist als es eigentlich üblich ist, hat sie dennoch das Gefühl, dass sie persönlich etwas daraus ziehen kann und viel lernt. „Aber ich habe natürlich schon bemerkt, dass ich in der Zeit, in der ich mit den Kollegen im Büro war, vieles greifbarer wurde.“ Dass sich eine Menge ins Internet verlagert hat, kennt sie aber schon von ihrer Hochschule. „Wir machen derzeit tatsächlich alles online. In den vergangenen Semestern haben wir zeitweise es noch mit kleinen Gruppen und Abstand versucht, aber dann wurde alles auf Online-Veranstaltungen umgestellt. Seit der dritten Woche des fünfte Semester war es komplett online.“ Mit der Umstellung hat sie sich arrangiert, auch mit den Nachteilen. „Die optimale Lösung ist das natürlich nicht, aber es geht halt gerade nicht anders. Es fehlt der persönliche Austausch mit anderen Studierenden, auch zwischen den Veranstaltungen, wenn man zusammen in die Mensa geht. Und Diskussionen in Seminaren gestalten sich vor Ort noch einmal anders, als wenn alle vor dem Rechner sitzen. Es ist insgesamt sehr viel Bildschirmzeit, ich habe ja nicht nur die Veranstaltung am Rechner, sondern auch das Lesen der Texte und die Ausarbeitungen.“

Mit ihrem Praktikum ist sie trotz der Hürden durch die Pandemie insgesamt sehr zufrieden. „Ich habe wirklich das Glück, dass das Team des Kompetenzzentrums mir sehr entgegengekommen ist bei der Durchführung.“

Nicole Grandt, in: Burger Volksstimme, 6. April 2021, Seite 8.

Bild der THH Friedensau
Studentin der Sozialen Arbeit: Melissa Dost