Ulrike Schultz veröffentlicht in „Peripherie“

13. Mrz. 2024

Prof. Dr. rer. pol. Ulrike Schultz, Leiterin des M.A.-Studiengangs Development Studies an der Theologischen Hochschule Friedensau, veröffentlichte in der letzten Ausgabe von „Peripherie – Politik, Ökonomie, Kultur“ einen der Schwerpunktartikel des Heftes, das mit „Bildung für alle – Versprechen oder Falle?“ titelt.

Prof. Ulrike Schultz und ihr Kollege Prof. Daniel Bendix – beide unterrichten an der Theologischen Hochschule Friedensau am Fachbereich Christliches Sozialwesen – gehören der Redaktion der Zeitschrift an; Prof. Schultz auch zur Schwerpunktredaktion des aktuellen Hefts. Die Zeitschrift Peripherie versteht sich selbst als Diskussionsforum für Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik.

Im unlängst erschienenen Beitrag reflektiert Ulrike Schultz über Bildungsverläufe von inzwischen erwachsen gewordenen Kindern in Lodwar, Nordkenia, die sie während ihrer Forschungsaufenthalte anlässlich ihrer Doktorarbeit (1989–1994) kennengelernt und seit einigen Jahren regelmäßig im Rahmen diverser Forschungsaufenthalte besucht und interviewt hat.  Die Lebensgeschichten zeigen, dass formale Schulbildung in vielen Fällen anders als ersehnt nicht zu sozialem Aufstieg und ökomischen Erfolgen geführt hat, sondern in vielen Fällen Erwartungen nicht erfüllt wurden.

Bibliografische Angaben: Ulrike Schultz: „Die Kinder gehen jetzt zur Schule“, in: Peripherie 43 (2023-2) Nr. 171–172, S. 259–286 | Der Artikel kann hier aufgerufen und nachgelesen werden: https://www.budrich-journals.de/index.php/peripherie/issue/view/3321

Zum Inhalt:

Während Hoffnungen und Erwartungen an die nächste Generation in vielen Ländern des Globalen Nordens von Familientraditionen, Geschlechterstereotypen und Klassenzugehörigkeit geprägt sind, sind sie in Ländern des Globalen Südens eng mit dem Entwicklungsdiskurs und den damit verbundenen Prozessen des sozialen Wandels verbunden. In diesem Diskurs scheint westliche Schulbildung nicht nur im Hinblick auf die eigene Zukunft, sondern auch auf die Entwicklung der Gesellschaft die einzige Alternative zu sein. Der Artikel thematisiert die Verknüpfung von Entwicklungsdiskursen und den persönlichen Aspirationen von Eltern und ihren Kindern anhand der Turkana, einer ethnischen Gruppe, die im Norden Kenias ansässig ist. Anhand der Biographien dreier Frauen und ihrer inzwischen erwachsenen Kinder wird deutlich, dass angesichts der wirtschaftlichen Situation des kenianischen Nationalstaates und der Marginalisierung der Turkana innerhalb des Nationalstaates westliche Schulbildung nicht nur viele junge Menschen, sondern auch ganze Familien in eine Falle führt. Diversifizierungsstrategien werden aufgegeben; alles wird auf eine Karte (Schulbildung) gesetzt. Das wiederum untergräbt die Voraussetzungen, die in vielen Fällen zum Erfolg der Schulkarriere geführt haben. Immer weniger Familien können auf Ressourcen in der mobilen Viehwirtschaft zurückgreifen und von Zeit zu Zeit Vieh verkaufen, um ihren Kindern eine kontinuierliche und erfolgreiche Schullaufbahn zu sichern. Dies führt zu einer zunehmenden Kluft zwischen den Aspirationen und den Möglichkeiten und Chancen, die jungen Turkana und ihren Familien im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Einzelne (erfolgreiche) Absolventinnen sind mit hohen Erwartungen und vielen Verpflichtungen konfrontiert, die es ihnen schwermachen, ihren Erfolg an die nächste Generation weiterzugeben. Auch aus diesem Grund kann man von einer „Bildungsfalle“ sprechen.

Bild der THH Friedensau
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